s'Falkis in Tanzania
Wir haben uns entschieden, den Mutterschaftsurlaub von Christa und den unbezahlten Urlaub von Markus für einen humanitären Einsatz in Tanzania zu nutzen. Mehr dazu unter: http://www.mec-tanzania.ch/de und http://www.falki.ch/der-film/
Da wir des öftern gefragt werden, was wir hier so erleben, schreiben wir einen Blog.
O-Beine in Afrika M. Blount
An der Taufe von Mia und Leo spielten die Jagdhornbläser Zimmerberg. Als sie von unserem Vorhaben mit dem humanitären Aufenthalt in Afrika gehört haben, entschieden sie sich spontan die Gage zu spenden. Lange war uns nicht klar wofür wir das Geld einsetzen sollten. Das Geld der ganzen Organisation zukommen zu lassen erschien uns zu unpersönlich. Als wir dann Gelegenheit hatten, die Waisenkinder in Mbalizi zu besuchen war schnell klar wo Not am Mann war.
Wir haben dort den 4 jährigen Joel kennen gelernt. Er ist Vollweise. Zwar kümmert sich seine Grossmutter so gut es geht um ihn, sie ist aber schon sehr alt und mausarm; deshalb ist er auf das Waisenhaus angewiesen. Als ob das nicht genug wäre leidet er noch an einer speziellen Krankheit dem sog. juvenilen Morbus Blount. Bei dieser Krankheit kommt es während des Wachstums bereits in jungen Jahren zu einem teilweisen Absterben von Knochen im Bereich der Wachstumsfuge an der Innenseite des Knies. An der Aussenseite wächst der Knochen aber unvermindert weiter, was zur Folge hat dass sich durch die Innwärtskrümmung O-Beine entwickeln. Es ist eher selten, dass sich so ausgeprägte O- Beine bereits bei so jungen Kindern zeigen. Umso grösser ist der Handlungsbedarf. Eine Korrektur solcher O- Beine ist alles andere als eine Schönheitsoperation. Es geht darum, dass die Statik des Gehapparates wieder hergestellt wird. Unweigerlich würden solche ausgeprägte O- Beine zu sehr frühzeitiger invalidisierender Arthrose des Knies führen und hätten auch auf die Haltung des übrigens Körpers negative Auswirkung.
In Rücksprache mit Kinderorthopäden aus der Schweiz haben wir uns entschieden eine sogenannte Umstellungsosteotomie zu machen. Dabei wird der Knochen auf der Innenseite angesägt und der Unterschenkel nach aussen aufgeklappt und mit Metallstiften temporär fixiert. Danach braucht Joel unbedingt über mehrere Wochen einen Gips und er darf nicht gehen oder belasten. Da er während der Dauer des Gipses als Waisenkind nicht in seine Familie zur Pflege kann, wird er für diese Zeit im Spital bleiben. Das Geld, welches die Jagdhornbläsern gespendet haben, wird für diese Zeit und für die nächste Operation ausreichen. Solch grosse Fehlstellungen benötigen im Laufe des weiteren Wachstums meistens eine erneute Umstellungsosteotomie.
Herzlichen Dank an die Jagdhornbläser Zimmerberg auch im Namen von Joel und dem Waisenhaus.
Bizarres Kinderspiel/ Betroffenheit
Konsterniert habe ich Ende dieser Woche festgestellt, dass wir wieder 2 neue brandverletzte Kinder auf der Kinderabteilung haben. Das eine Mädchen hat sich bei einem sonderbaren Kinderspiel verletzt: Es ist auf einen Baum geklettert und die anderen Kinder haben unten am Baumstamm ein Feuer gemacht. Irgendwann fing auch der Baum an zu brennen und die Rauchentwicklung wurde so stark, dass das Kind vom Baum in das Feuer fiel. Verbrennungen an Beinen, Armen, Flanke und eben leider auch starke Verbrennungen im Gesicht waren die Folge.
Beim 2. Kind hat der kleine Bruder absichtlich mit Streichhölzern versucht ihr Kleid an zu zünden. Nur weil die Eltern grad da zu kamen als das Kleid zu brennen anfing, konnte schlimmeres vermieden werden. Es hat sich „nur“ beide Oberschenkel verbrannt.
Wieder einmal sind Kinder die Opfer von Verbrennungen. Beide male waren es vermeidbare Umstände... Das macht mich besonders betroffen. Wie schwer die Verletzung durch Verbrennungen ist, haben wir ja bei Rachel und Ibrahim bereits gesehen.
Rachel ist am letzten Wochenende verstorben. Ihre Mutter hat fürchterlich geweint. Sie hat nicht damit gerechnet und hat immer noch gehofft, ihre Tochter würde wieder gesund werden. Im gleichen Zimmer war ja auch der kleine Ibrahim. Auch er war von Kopf bis Fuss mit Verbänden eingepackt und hatte die gleiche Operation wir ihre Tochter. Er hat sich so gut erholt, dass er wieder herumspringen kann und seine Entlassung ist nun nicht mehr fern. Warum sollte das bei ihrer Rachel nicht auch so sein... Auch für uns ist ihr Tod recht unerwartet gekommen. Von der schweren Infektion schien sie sich langsam zu erholen oder wenigstens hat sich ihr Zustand etwas stabilisiert. Am Samstag malte sich noch und wollte dass Ibrahim ihr den Ball ins Bett gibt. Rachel wurde 8 Jahre alt, sie verstarb 37 Tage nach der schlimmen Verbrennung.
Von den heissen Quellen in Ilota, den aufwändigen Hamburgern und den selbstzersägten T-Bone Steaks
Spitalbesuch und Kuscheltiere aus der Schweiz
Beim verabschieden rannte uns Boniface nach. Er ist ein 14jähriger Junge welcher seit Monaten im Spital ist, aufgrund einer nichtheilheilenden Osteomyelitis am Handgelenk, nach komplizierter
offener Fraktur im letzten Jahr. Er möchte gerne Medizin studieren, malte die Knochen seines Handgelenk detailgetreu auf ein Blatt Papier und bat Markus, ihm einzuzeichnen, wo sich die Verletzung
genau befindet. Markus operierte sein Handgelenk vor zwei Wochen und konnte den toten Knochen entfernten. Erfreulicherweise zeigte sich am Rand eine gute Knochenheilung und ein stabiles
Handgelenk.
Leid und Freud im Spital – Rachel und Ibrahim
Leider haben wir im Spital immer wieder Kinder mit starken Verbrennungen. Obwohl wir uns in Äquatornähe befinden wird es hier in der Nacht recht kühl. Es ist ja Winter und das Städtchen liegt auf 1400m über Meer. Das offene Feuer dient hier vielen Leuten als Wärmequelle. Auch gekocht wird über dem offenen Feuer oder der Holzkohleglut. Es kommt leider viel zu oft vor, dass hier Kinder ins Feuer fallen oder sich sonst wie verbrennen. Von all den Kindern mit Verbrennungen, die während meiner Zeit hier im Spital behandelt wurden, waren Ibrahim und Rachel die schlimmsten.
Der 5 jährige Ibrahim spielte mit anderen Kindern beim Feuer und wurde unglücklich geschubst, so dass er rücklings in die heisse Glut fiel. Er hat sich dabei tiefe Verbrennungen am Rücken, Gesäss und zirkulär am ganzen Oberarm zu gezogen. Die 8 jährige Rachel hat ihr neues Kleidchen getragen und geriet ebenfalls zu Nahe ans Feuer. Da das Kleidchen aus synthetischem Stoff war, fing es sofort Feuer und Rachel zog sich schwerste Verbrennungen von den Waden bis zu den Schulterblättern und von den Kniescheiben bis weit über den Bauchnabel hoch.
Als ich Ibrahim das erste Mal gesehen habe, war er schon längere Zeit im Spital. Mit einem unbeschreiblichen Aufwand wurde alle 2 Tage im Dressing room mit Kurznarkose ein Verbandwechsel gemacht. Nur dank dieser liebevollen und engagierten Betreuung des hiesigen Teams hat er wohl überlebt. Aber die grosse Wundfläche zehrt unglaublich an den Kräften. Sein Hb- Wert (rote Blutkörperchen) war unglaublich tief und er lag schwach in seinem Bettchen und schlief die meiste Zeit. Als ich noch mitten in den Vorbereitungen für die Operation zur Hauttransplantation war und mit den Spezialisten zuhause den Fall besprochen habe, tauchte unverhofft Rachel auf. Ihr ging es schlecht. Nach der fürchterlichen Verbrennung waren die Eltern mit ihr in irgendeiner „Klinik“ (wenn man diesen edlen Begriff, denn dafür verwenden darf...) wo sie eine unmenge Geld zahlen mussten dafür, dass die Verbrennung mit einer seltsamen grünen Lösung bepinselt wurde. Die verbrannte Haut war noch auf dem Körper, teile davon waren verkohlt. Wenn man mit den Finger auf die Bauchhaut klopfte, tönte es so, wie wenn man auf den Boden eines frisch gebackenen Brotes klopft.
Verbrennungspatienten sind extrem aufwändige und schwer kranke Patienten. In der 1. Welt gibt es eigens dafür eingerichtete Verbrennungszentren (in der Schweiz Zürich und Lausanne). Es gilt die Regel, dass Patienten mit mehr als 10% verbrannter Körperoberfläche an ein solches Zentrum verlegt werden sollten. Also selbst ein Kantonsspital wie z. B. das KSW würde Patienten wie die beiden Kinder verlegen. Diese Möglichkeit bietet sich hier aber nicht. Ich war froh, dass ich im Kinderspital auf der Verbrennungsstation Erfahrung mit dem Umgang mit solchen Patienten sammeln konnte, aber das war Jahre her. Zum Glück hatte ich die Unterstützung von den Fachärzten aus Winterthur.
Bei Ibrahim waren noch 2 Eingriffe in Narkose notwendig, bis der Wundgrund für die Hauttransplantation reif war. Bei Rachel wollten wir Zeit gewinnen, denn je früher sie wieder Haut bekäme, desto schneller würde sie sich erholen. So entschieden wir uns in einem ersten Schritt zuerst die Beine zu transplantieren und später Bauch, Gesäss und Rücken. Die Operation war sehr aufwändig und dauerte lang. Um mit der verfügbaren Haut (man nimmt eine 0.2mm dicke, oberflächliche Schicht von gesunder Haut) möglichst viel Fläche zu decken wird das Hauttransplantat gemesht. Das heisst so eingeschnitten, dass sie sich wie ein Netz ausbreiten lässt. Bei uns zuhause wird das mit einer Art Walzenpresse gemacht und dauert maximal 20 Senkungen pro Hautbahn. Hier mussten wir mit einem Skalpell die Schnittchen von Hand machen. Das kostete sehr viel Zeit. Auch war sich das Team eine so grosse Operation nicht gewohnt, aber es klappte alles wunderbar und ich war sehr zuversichtlich. 5 Tage muss man zuwarten, ehe man wieder unter den Verband schaut. Würde man früher nachschauen, riskiert man dass sich die Haut ablöst. In der Zwischenzeit haben wir bei Ibrahim den ganzen Rücken mit Spalthaut (so nennt man das Hauttransplantat) gedeckt.
Leid: an einem Montag war der erste Verbandwechel bei Rachel fällig. Schon beim Ablösen der ersten Verbandbahnen drang mir der charakteristische unangenehm süssliche Geruch in die Nase und ich befürchtete Schlimmstes... Uns so war es auch. Bakterien (Pseudomonas) haben die transplantierte Haut infiziert und zerstört. Das war ein riesiger Rückschlag. Nicht nur, dass die ganze Arbeit umsonst war, sondern auch weil wir um Wochen zurück geworfen wurden. Selbst wenn wir den Infekt sanieren können, fehlt die nötige Zeit, da wir ja bereist alle verfügbare Haut genommen haben. Diese muss sich zuerst neu bilden. Aber in erster Linie machte ich mir um Rachel Sorgen. Ich war mir fast sicher, dass sie sich von dem Infekt nicht erholen würde. Wäre das in Anbetracht der schlimmen Verletzung und späteren Narben und Invalidisierung in einem armen Land wie hier, wo das Leben für viele auch ohne Behinderung genug schwer ist, nicht gnädig gewesen? Mit Viel Hingabe wurde sie vom hiesigen Team weiter gepflegt und die aufwändigen Verbandwechsel wurden fortgesetzt. Jeden Tag wenn ich bei Rachel im Zimmer war bekam ich feuchte Augen – so wie jetzt wenn ich über ihr Schicksal schreibe.
Freud: Nur einen Tag später wickelte ich mit zittrigen Händen die Verbandbahnen bei Ibrahim ab. Ich wagte kaum zu atmen, bildete ich es mit nur ein? Roch da nicht etwas? Aber bei ihm war es anders; praktisch die ganze transplantierte Haut ist angekommen. Ein riesiger Erfolg!
Ich weiss nicht was bei Rachel schief ging, vielleicht war sie einfach auch zu schwer krank. Heute hat sie sich vom Allgemeinzustand her stabilisiert. Der Infekt ist unter Kontrolle. Aber nach wie vor ist 54% ihrer Haut nicht vorhanden. Erschwerend dazu noch, dass ein Teil der ansonsten so gut und narbenfrei abheilenden Entnahmestellen durch den Infekt in Mittleidenschaft gezogen wurden.
Der kleine Ibrahim hat sich seit die Wundfläche am Rücken geheilt ist erstaunlich gut erholt. Vorgestern habe ich die verbliebenen Stellen; Gesäss und Oberarm transplantiert. Während ich ihn jeweils vor den vorangegangenen Operationen nur als schlafendes Häufchen Elend, mit eingenässter Hose und Verband kennengelernt hatte, hat er jetzt ganz laut geschumpfen und gewettert. Die Ops Schwester hat verstanden: er musste dringend pinkeln. Kurzerhand ist er auf dem Ops Tisch aufgestanden und hat in den hingehaltenen Abfalleimer hineingepinkelt. Musste einfach nur schmunzeln. Heute habe ich ihn draussen vor dem Spitalzimmer sitzend angetroffen. Zum Glück ist der transplantierte Oberarm in mehreren Lagen Verbandgaze und zusätzlich mit Schaumstoff eingepackt. Der Thiersch (so nennt man auch die Spalthaut nach ihrem Erstbeschreiber Carl Thiersch) verträgt keine Scherkräfte und benötigt zum Einheilen zwingend gute Kompression. Ich habe damit gerechnet, dass der Knabe wie zuvor in seinem Bettchen liegt und vor sich hin döst. Ich war überglücklich, dass es ihm so gut geht!
Rachel liegt im gleichen Zimmer, bei ihr war ich davor. Vielleicht können wir sie dann im September, wenn ich nicht mehr da bin in ein Nachbarspital bringen. Es ist geplant, dass dann dort ein Team von ausländischen plastischen Chirurgen zu Besuch ist, die unentgeltlich im Rahmen eines humanitären Einsatzes operieren.
Spitalalltag
Es brauchte einige Zeit, bis ich mich im Spital eingelebt hatte. Der Chefarzt, der normalerweise die traumatologischen Patienten im Spital behandelt war während der ersten Zeit abwesend. Man war sehr dankbar, dass ich diese Lücke füllen konnte. An Patienten mangelt es hier nicht. Es ging grad vom ersten Tag an los. Viele meiner Patienten lerne ich auf den „ward“ kennen, wenn die tansanischen Ärzte sie mir vorstellen oder wir gemeinsam Visite machen. Ein anderer Teil der Patienten kommt über den „Dressing room“ mit mir in Kontakt. In diesem speziell für Verbände eingerichteten Raum ist jeden Tag Hochbetrieb. Viele der Frakturen hierzulande sind offene Frakturen. Leider kommen diese Patienten IMMER zu spät in fachliche chirurgische Behandlung. Das hat verschiedene Gründe zum einen kommen viele Patienten von sehr weit her. Andere Patienten werden von kleineren peripheren „Kliniken“ nach minimaler Versorgung an unser Spital, welches einen recht guten Ruf geniesst, zugewiesen. Ein weitere Teil der Leute vertraut primär auf traditionelle Heilmethoden oder Hexerei und Schamanenkult. Erst wenn es gar nicht mehr geht, kommen sie ins Spital. Meistens sind das nicht offene Ober- oder Unterschenkelfrakturen, denn diese Verletzungen sind so schwer, dass man kaum anders kann als sich in medizinische Obhut zu begeben. Aber nach Verbrennungen oder Bisswunden kommen viele erst dann, wenn es schon zu spät ist.
Ich war überrascht, wie viel Operationen anstanden. Da gibt es zum Einen die „frischen Notfälle“, das sind meist offene Frakturen, die man möglichst bald mit einem Fixateur extern behandelt (siehe Bild unten). Dann gibt es die geschlossenen Frakturen, die je nach Alter der Verletzung im Idealfall innerhalb von 7 bis 14 Tagen zu operieren sind. Und dann gibt es die komplizierteren älteren Fälle zu denen Fehl- oder nicht verheilte Frakturen zählen und akute und chronische Osteomyelitis. Hinzu kommen geplante Fälle von Hauttransplantationen sobald der Gewebegrund so weit ist, dass die verpflanzte Haut einwachsen kann und sogenannte Second-look-operationen, das sind Eingriffe, bei denen schon gegen Ende der ersten Operation festgelegt wird, dass man innerhalb weniger Tage nochmals operiert (nochmals „nachschaut“).
Ihr merkt schon, dass ich hier sehr traumalastig berichte. Das ist auch der Hauptgrund, warum ich in das Spital gekommen bin. Daneben werden täglich Kaiserschnitte gemacht und im Regelprogramm Hernien und weitere Allgemeinchirurgische Operationen. Ja sogar eine Blinddarmentzündung bei einem Afrikaner haben wir gefunden und operiert!
Als in diesem
Frühjahr das Team vom Waid- und Kantonsspital Winterthur hier war, war man eher enttäuscht, da wider Erwarten relativ wenig Patienten zu operieren waren. Der Grund dürfte in der anstehenden
Arbeit auf den Feldern gewesen sein. Gegen Ende der Regenzeit war es für die Menschen existentiell, dass angesät und gepflanzt werden konnte. Ganz anders sieht es jetzt aus. Die Ernte ist
einfahren und die Leute haben eher Zeit und durch den Erlös der Ernte auch Geld um sich operieren zu lassen. Das gilt vor allem für die oben erwähnten „älteren“ Fälle.
Normalerweise wird ortho/ trauma vor allem Dienstag und Mittwoch und zum Teil auch am Freitag operiert. Da ich aber alleine war und so viel anstand konnte ich auch Montag und Donnerstag operieren. Schnell hab ich bereits von Beginn an die Patienten der Dringlichkeit nach geplant. Jeden Tag 3 bis 4 Eingriffe mit Winterthurer Wechselzeit von max. 30min von Nahtende bis zum nächsten Schnitt, OP Beginn grad nach dem 8 Uhr Rapport.... Aber da hat mich die Realität sofort wieder eingeholt. Man wartet jeweils geduldig, bis ich im Ops erscheine ob man denn den Patienten bestellen könne. Oft kommt ein dringender Kaiserschnitt dazwischen. Dann ist zwar nur ein Saal besetzt aber eben auch der Anästhesist, der meien Patienten betäuben sollte... Der 2. Anästhesist ist meist im „Dressing room“ beschäftigt für Narkosen bei besonders schmerzvollen Verbandwechseln. Manchmal ist der Patient trotz Planung doch nicht nüchtern oder die Instrumente sind noch nicht wieder sterilisiert. Die vielen Stromausfälle spüre ich im Spital kaum, denn wir laufen dann immer am Generator. Das kostet das Spital sehr viel Geld denn wir haben wie bereits erwähnt öfters keine Strom als dass wir Strom haben. Aber immerhin können wir operieren. Aus den oben genannten Gründen beginne ich leider meist erst nach 10 Uhr mit operieren. Natürlich sitze ich davor nicht einfach rum, sondern ich werde von allen Seiten gerufen und gefragt. Regelmässig pendle ich zwischen Dressing room, Operationssaal, female- , male-, childrenward hin und her.
Oft bin ich dann
am Abend länger geblieben. Ich liess dann zum Teil auch am späteren Nachmittag einen Pateinten bestellen und aufgleisen und war dann jeweils frusteriert, wenn mit aller Vorbereitung und
Verzögerung der eigentliche Operationsbeginn noch später wurde. Ich hatte einfach die vielen Patienten im Kopf und wusste dass nach dem Wochenende zu den anstehenden die neu Verunglücken hinzu
kommen werden. Und ein bisschen habe ich es dem Ops Team auch gegönnt, dass sie mit mir länger bleiben durften, da es am morgen ja nicht vorwärts ging. Hatte die Hoffnung dass sie sich dafür am
nächsten Tag etwas sputen... Leidtragend waren Christa und die Kinder, die mich dann halt erst später am Abend wieder hatten. Das fand ich auch nicht fair. Ich musste dann umdenken und
nicht aufgrund des Systems und der hiesigen Mentalität (afrikanische Langsamkeit) zum Nachteil der Familie und mir länger arbeiten. Eine grosse Erleichterung war es als Dr. Kimaro, der Chefarzt
wieder da war und wir zu teil auch parallel operieren konnten.
Safari im Ruaha
Die Killerameisen und giftigen Schlangen von Iringa
Warum der Malawisee hier Nyasasee heisst
Die afrikanische Gemütlichkeit & der Sensationshunger bei Unfällen
Da der IT-Verantwortlich von MEC zur Zeit grad 3 Monate in der Schweiz in den Ferien ist und sein Stv. letzte Woche seinen letzten Arbeitstag hatte, helfe ich hier bei IT-Notfällen aus. Sei es mit Drucker installieren, Office und andere Softwareprobleme lösen, Smartphones neu aufsetzen oder defekte Modems und Router ersetzen und installieren. Mit den Schweizern hier läuft die Zusammenarbeit meistens ziemlich zackig und mit den Afrikanern - aufgrund der Sprach- und Mentalitätsdifferenzen - manchmal etwas weniger. Die Gemütlichkeit der Afrikanern ist nicht nur mir aufgefallen; auch im Spital braucht Markus etwas mehr Nerven als sonst, weil alles einbisschen länger dauert. Man sieht selten gestresste Afrikaner und Zeit scheint es hier im Überfluss zu geben..
Heute passierte wiedermal ein Verkehrsunfall im Dorf. Bei einem mit Seifen gefüllten Lastwagen versagten die Bremsen. Es hat ihn überschlagen und das Zugfahrzeug mit Anhänger kamen quer zur
Strasse zum Stillstand. Traurigerweise wurden dabei 2 junge Frauen, welche am Stassenrand entlang gingen erschlagen. Sie verstarben noch auf der Unfallstelle. In solchen Fällen ist es dann aber
doch relativ schnell vorbei mit der Gemütlichkeit. Die Menschen lassen alles stehen und liegen und rennen wie die Irren zum Unfallort um live dabeizusein und wenn möglich noch einpaar Seifen
mitzunehmen. Es sah auf den Strassen kurzzeitig nach einer riesen Völkerwanderung aus und wir konnten nur staunen über diesen Sensationshunger...
Geburtstag Markus und Wanderung zum Ngozi Kratersee
Den Geburtstag
von Markus haben wir am Wochenende nachgefeiert, da er am 31.7. viel länger am operieren war als ursprünglich geplant. Wir haben am 1. August die Schweizer von MEC zu uns eingeladen, den
Geburtstag von Markus und den Nationalfeiertag gefeiert und butterzarte Hartebeest-Entrecote auf Holzkohle grilliert.
Am Sonntag machten wir eine Wanderung zu einem der schönsten Kraterseen Tansanias. Der 2km lange und 1km breite Ngozi Kratersee ist umgeben von 200m hohen steilen Hängen, die mit dichtem
Regenwald bewachsen sind. Über dem nördlichen Kraterrand erhebt sich die Spitze des 2622m hohen Mount Ngozi. Eine Sage besagt, dass wenn man im See schwimmt, man von Geistern auf den Grund
gezogen wird. Eine plausible Erklärung dafür wäre, dass vom Vulkan giftige Gase aufsteigen und es deshalb so gefährlich ist im See zu schwimmen. Der Aufstieg hat sich gelohnt, den die Aussicht
war atemberaubend und die Wanderung durch den Urwald ziemlich abenteuerlich.
Es gibt ihr praktisch kein Tourismus und wenn sich trotzdem mal einpaar Mzungus (weisse) hierhin verirren, so will jeder was verdienen. Deshalb hatten wir dann auch einen Autobewacher, einen Guide und einen Assistant Guide im Schlepptau. Die Kinder mussten wir trotzdem fast den ganzen Weg selber raufschleppen, weil sie sich nur unter lautem Protest von ihnen tragen liessen. Witzig fanden wir auch, dass sie ständig mit ihren Handy's Fotos von sich mit uns und mit unseren Kindern machen wollten. Sie fahren alle total auf Süssgetränke ab und waren überglücklich, dass wir eine grosse Packung Pepsi für sie mitgenommen haben.
Auf dem Rückweg hielten wir bei einer Gemüseverkäuferin am Strassenrand an und kauften für ca 1.- CHF Karotten. Wir bekamen dann 10kg... naja, wir werden jetzt halt die nächsten Wochen vermehrt Karottensuppe und Karottensalat essen müssen :-)
Brandverletzungen
Ameisen und mit was wir sonst noch zu kämpfen haben
Operationen
Die Patienten kommen meistens viel zu spät ins Spital, da ihnen das Geld für die Operation oder den Transport fehlt. Man sieht hier tagealte offene Frakturen und sehr viele brandverletzte Kinder, bei denen fast die gesamte Haut verbrannt ist..
Food
Wir ernähren uns hier gesünder als in der Schweiz, da man gar nicht erst in Versuchung kommt Fast- oder Convenience Food zu konsumieren. Die Milch kommt frisch von der Kuh und Joghurt machen selber. Brot backen wir - soferns Strom hat - jeden zweiten Tag. Tomatensugo ist mit den unglaublich guten sonnengereiften Tomaten kein Vergleich zu dem was man in der Schweiz meistens isst. Das Hartebeestfleisch wird durch einreiben mit geraffelter grüner Papaya zart, die Samen bekämpfen Darmparasiten und der Papayabaum wächst direkt vor unserer Haustüre ;-)
Unsere Perle
Wir haben jetzt 3mal pro Woche am Vormittag eine Nanny. Sie liebt Kinder und versteht sich mit unseren - trotz der Sprachbarriere - blendend.
Dank ihr habe ich (Christa) zusätzlich die Möglichkeit etwas mehr Suaheli zu lernen und werde in die Geheimnisse der afrikanischen Küche eingeweiht ;-) Da ich nun etwas mehr Zeit habe, helfe ich im Büro von MEC bei kleineren und grösseren IT-Schwierigkeiten aus.
Geburi Mia
Heute feierten wir Mia's zweiten Geburtstag. Wie nicht anders zu erwarten stieg der Strom während des Kuchenbackens aus. Der Kuchen war dann halt aussen etwas hart und innen etwas pampig aufgrund der unfreiwilligen Backpause, die Kinder haben's aber trotzdem genossen.
Es gefällt ihnen allgemein sehr gut hier, obwohl das Spielsachensortiment viel kleiner ist als in Zürich. Sie haben aber schon entdeckt, dass man auch mit Blätter, Steinen, Ästen,
Kartonschachteln oder leeren PET Flaschen wunderbar spielen kann. Ausserdem gibt es hier Schildkröten, Hasen, Hühner und Enten, die wir täglich besuchen und füttern gehen.
Verkehr
Mbalizi, wo wir wohnen, und der 6km entfernte Spital in Ifisi sind über den Trans African Highway erreichbar. Es donnern ab und zu LKWs mit lautem Gehupe den Hügel runter; diese signalisieren
damit, dass ihre Bremsen nicht funktionieren. Dementsprechend häufig passieren tragische Verkehrsunfälle. Gerade heute sind wir an einem umgekippten Tanklastwagen vorbeigefahren - siehe Video
unten.
Arbeit im Spital
Der erste Patient von Markus war kein Einheimischer, sondern Nico. Er hat es tatsächlich fertig gebracht sich eine Erdnuss soweit in die Nase raufzustossen, dass eine Ketalarnarkose unumgänglich
war...
Danach kamen weitaus erfreulichere Operationen, da es am ersten Ops Tag gleich 4 Kaiserschnitte im Spital gab.
Strom und Internet
Strom ist hier leider Mangelware, zumindest im Moment ist er sehr selten verfügbar. Da wir einen Gasherd haben ist dies aber nicht mal so tragisch - abgesehen davon, dass wir ohne Strom kalt Duschen müssen und Internet nicht verfügbar ist. Kein Strom - hakuna umeme - war auch einer der ersten Ausdrücke die wir in Suaheli lernten.
Kaffeefarm
Heute besichtigten wir die Kaffeefarm Lunji. Es war eindrücklich die einzelnen Arbeitsschritte von der fruchtig roten Kaffeebohne bis zum herrlich duftenden gerösteten Kaffee zu sehen.
Mit dem gekauften Kaffee können wir auch die Vorzüge von Markus' Lieblingsspielzeug - der Handpressomaschine - voll auskosten.
Frischfleisch
Kaum angekommen und schon erhalten wir einen frisch erlegten Kuhantilopenstotzen :-)
Wir haben den Stotzen selbstverständlich sofort ausgebeint und in küchenfertigen Stücken eingefroren. Das Kochen macht uns auch hier enorm Spass und die mitgebrachte Kenwood Maschine ist täglich
im Einsatz, sei es für Gemüsejulienne, Hackfleisch, Brotteig, Kuchen oder Früchtesmoothies. Es lässt sich hier wirklich gut leben!
Ankommen, Einkaufen, Suaheli lernen..
Der Empfang am Songwe Airport war sehr herzlichen und unsere Unterkunft gemütlich eingerichtet. Nachdem wir das erstemal begleitet wurden, haben wir uns dann am nächsten Tag alleine auf den Markt in Mbalizi gewagt. Zahlen und die wichtigsten Floskeln schrieben wir uns auf die Hand, bevor wir uns mit Kind und Kegel unter die Einheimischen mischten.
Durch die Kinder kommt man auch trotz den sprachlichen Barrieren ständig in Kontakt mit den freundlichen Tansanianern, was wir enorm schätzen.
Zwischenhalt in DAR
In Dar Es Salaam gönnten wir uns einen Kurzaufenthalt im Hotel Mediterraneo. Da der Flug mit den Kids nicht wirklich entspannend war, freuten wir uns umso mehr auf das schöne Hotel.
Am Flughafen in DAR durften Mia, Nico und Leo im Bus auf dem Logenplatz (direkt neben dem Chauffeur) zum Fastjet Flieger fahren.
Packen...
Da wir noch chirurgisches Material und eine komplette Kenwood Maschine mitschleppten, kamen schlussendlich - inklusive Handgepäck - knapp 200kg zusammen. Das verteilen in geeignete Koffer gemäss
den Gewichtslimiten von Swiss und Fastjet war eine ziemliche Herausforderung...
Unsere Wohnung in Zürich konnten wir für die zwei Monate untervermieten.